Der Tierheilpraktiker als Allgemeintherapeut
2024 ist fast vorbei und es war ein spannendes Jahr für My Best Friend.
Ich beobachte das schon lange – habe ich einen neuen Patienten mit einer bestimmten Thematik, melden sich auf einmal viele Halter mit Tieren mit genau derselben Thematik – das hängt wohl irgendwie mit dem Gesetz der Resonanz zusammen.
Für das vergangene Jahr bedeutete das für mich, von jetzt auf gleich mehrere neue Patienten mit Epilepsie, mit Leishmaniose, mit Darmproblematiken und Allergien, gefolgt von vielen neurologischen Problemen und Parasitenbefall, Helicobacter Pylori, Rolling Skin bei der Katze, Zahnproblemen bei Katzen, die leider häufig ihre Ursache in einer entzündlichen Zahnerkrankung bei Katzen (FORL) haben und einiges mehr.
Was für eine Herausforderung… nun verstehe ich Tierärzte und Tierheilpraktiker ein bisschen als eine Art Allgemeintherapeuten für Tiere – wir sollten von allem wenigstens etwas wissen. Tierärzte können in dieser Situation aber häufig auf Fachärzte zurückgreifen und dem Patienten zum Spezialisten überweisen.
Das können wir Tierheilpraktiker nicht – wenn man Glück hat, verfügt man über ein gutes Netzwerk und kennt jemanden, der sich mit der Situation gut auskennt.
Ansonsten heißt es: ran an den Feind, schlau machen, schlau lesen, eine gute, detaillierte, möglichst vollständige Anamnese erstellen und beurteilen, inwieweit die jeweilige Spezialisierung – in meinem Fall die Klassische Homöopathie – weiterhelfen könnte und was sonst getan werden kann.
Ich greife für diesem Artikel einmal die Epilepsie heraus – ich gebe hier einen Überblick im Sinne und mit dem Know how der alternativen Tierheilkunde – die Schulmedizin sieht vieles anders…
Die Anfälle können traumatischer Ursache sein, durch Kopfverletzungen etc. entstehen. Selbstverständlich können sie auch im Laufe eine Lebens generiert werden, beispielsweise durch eine Raumforderung (die medizinische Umschreibung für einen Tumor) im Kopf oder durch sonstige Krankheitsereignisse bzw. Medikamente – ich habe einen Patienten, der eine Epilepsie entwickelt hat im Zusammenhang mit einer Gehirnhautentzündung nach einer Anaplasmose, einer Infektion, die durch Zecken übertragen wird.
Zu den Ursachen gehören auch Vergiftungen und vieles mehr. Oft ist es nicht möglich, die Ursache zu identifizieren, was aber für eine umfassende homöopathische Behandlung nötig wäre.
Und natürlich ist Epilepsie nicht gleich Epilepsie – die Anfälle können sehr variieren, nicht jeder ist ein sogenannter Grand Mal – ein etwas altmodischer Ausdruck der dramatischten Form der Anfallsarten. Der Grand Mal umfasst drei Phasen: Bewusstlosigkeit, Sturz, Versteifung des ganzen Körpers mit einem kurzen Atemstillstand sowie weite, lichtunempfindliche Pupillen. Ich möchte hier nur so weit auf die Symptome der Epilepsie eingehen, dass verständlich wird, dass die Unterscheidung der Anfälle mit und ohne Bewusstlosigkeit, ob zuckend (klonisch) oder tonisch (Bewusstlosigkeit, Sturz und Versteifung) für die Auswahl des passenden homöopathischen Mittels zur Differenzierung enorm wichtig ist. Leider ist die Prognose meist nicht so gut, die Anfälle werden häufiger und länger, irgendwann kommen die Patienten trotz aller Medikamente gar nicht mehr aus dem Anfall heraus und leider bleibt dann meist nur noch die Erlösung.
Sehr oft handelt es sich um Patienten mit vielen Unverträglichkeiten und es gibt viele (meist unbekannte) Trigger für epileptische Anfälle. Denken sollte man unbedingt an Futterunverträglichkeiten – so triggern stärkehaltige Kohlenhydrate die Anfälle oder unverträgliche Lebensmittel: bei einem Patienten konnten wir mit einem einfachen Wechsel der Fleischsorte, die häufigen Anfälle komplett stoppen – er vertrug kein Huhn; Lamm hatte keine epileptischen Anfälle zur Folge und nach der Umstellung hatte er nur einen einzigen Anfall – nachdem er den Mülleimer geräubert hatte, in dem Hühnchenreste lagen.
Leider ist es nötig genau zu prüfen, was alles zu den unverträglichen Dingen gehört – manchmal können auch die schulmedizinischen Medikamente Anfälle triggern – liest man die Liste der Nebenwirkungen so findet man häufiger als nicht dort eine Auflistung der Symptome, die eigentlich mit dem Medikament behandelt werden sollen.
Es ist von außerordentlicher Wichtigkeit, zumindest anfangs, einen Veterinär-Neurologen mit im Team zu haben. Zwar wirken die allopathischen Medikamente oft nicht so, wie es sich die Halter wünschen würden, aber man kann nie wissen, wie die Anfallsfrequenz und -länge aussehen würde, würden keine Antiepilektika gegeben. Das Ziel ist natürlich ganz ohne allopathische Medikament auszukommen, denn diese sind zumeist sehr leberschädigend und viele Halter erzählen, dass sie ihren Hund unter diesen Medikamenten nicht wiedererkennen…
Es gibt einige Möglichkeiten den Körper im Kampf gegen die Anfälle zu unterstützen – gute Erfahrungen wurden zum Beispiel mit MCT Öl gemacht und auch mit Cannabisöl.
Bei der Repertorisierung für ein homöopathisches Mittel ist es immens wichtig, genau auf die Details zu achten.
Dazu gehören neben den Symptomen, die mit der Epilepsie zusammenhängen, ganz besonders andere auffällige Symptome, wie zum Beispiel, Verschlechterung im Schlaf oder schlaffer Muskeltonus.
Die beiden letzten Symptome führten mich auf die Spur von Lycopodium, das dem Patienten mit den epileptischen Anfällen nach der Anaplasmose weitergeholfen hat. Leider konnte ich nichts an der Anfallfrequenz ändern, aber die Anfälle sind nur noch so kurz, dass sie quasi sofort wieder vorbei sind und er ist danach sehr schnell wieder fit – das war früher nicht so.
Jeder Patient mit neuen, unbekannten Symptomen bzw. Krankheiten bringt mich in die eingangs beschriebene Situation – aber ich lerne immer dazu, erweitere mein Wissen und mein Netzwerk und freue mich sehr über jeden Erfolg und sei er noch so klein…
Bildquelle: Wikimedia commons, Rosa-Marie Rinkl, no changes, https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Schneelandschaft,_Ahornwies.jpg