Straßenhunde – ihr emotionaler und physiologischer ‚Ballast‘ – und die Möglichkeiten der Homöopathie

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Dies ist kein Plädoyer gegen die Aufnahme von Straßenhunden!

Ich möchte lediglich auf mögliche Probleme aufmerksam machen, mit denen die Halter hier bei uns konfrontiert werden könnten und in diesem Zusammenhang aufzeigen, welche Möglichkeiten zur Verfügung stehen, diesen Tieren zu helfen.

In meiner Patientenschar gibt es nicht wenige ehemalige Straßenhunde, die aus Ost- oder Südeuropa stammend, von der Straße geholt wurden – gerettet wurden – und nun ihr Forever Home bei uns gefunden haben. Dies gilt generell für Tierschutztiere, egal ob aus deutschen Tierheimen oder aus dem Ausland.

Das erste Treffen mit einer Hündin aus Rumänien ist mir sehr in Erinnerung geblieben und kann symptomatisch für den ‚Ballast‘ stehen, den Hunde aus diesen Umständen oft mitbringen: sie hatte panische Angst vor mir, bellte ängstlich/aggressiv und zog gleichzeitig massiv an ihrer Leine, weil sie einfach nur weg wollte. Ich habe mich auf den Bürgersteig gesetzt, weil ich mich instinktiv kleiner machen wollte…

Straßenhunde sind im Grunde eine Gleichung mit vielen Unbekannten – wir wissen weder wie sie sich ernährt haben (oder wie sich die Mutter während der Trächtigkeit und Stillzeit ernähren konnte), noch wie lange sie auf der Straße gelebt haben und wie es ihnen in dieser Zeit ergangen ist, noch wissen wir, wie ihre Begegnungen mit Menschen verlaufen sind, welche Rangordnung sie in einem möglicherweise vorhandenen Rudel hatten oder welche Traumata sie erleben mussten. Möglicherweise haben sie Geschwister verloren oder die Mutter und dies kann bleibende Folgen haben – emotional auf jeden Fall. 

Mal abgesehen von der emotionalen Verfassung begegnen mir immer wieder ehemalige Straßenhunde mit massiven Verdauungsproblemen und Nahrungsmittelunverträglichkeiten – die Genese der Zusammensetzung der Kotflora hing von den Ernährungs- und Lebensumständen ab und ihre Analysen zeigen sehr oft massive pathologische Zusammensetzungen. Ich hatte schon Patienten mit Clostridien und diversen anderen pathologischen Keimen, Würmern, Leihsmaniose, Giardien, Reizdarm, Darmentzündungen, hochgradige Allergien etc.

Bei einer klassischen homöopathischen Behandlung steht zuerst eine gründliche Anamnese an! Diese ist schon bei Tieren, die vom Züchter stammen und deren Geschichte wir fast 100% kennen, schwierig, denn Tiere können nun mal nicht mit uns sprechen und uns die Modalitäten ihrer Probleme mitteilen.

Entsprechend schwieriger ist das mit Tierschutztieren –wir haben meist nicht die leiseste Ahnung, was alles passiert ist – das kompliziert eine homöopathische Behandlung enorm.

In dieser Situation tendiere ich – eher klinisch gedacht – zur Gabe von Aconitum, Ignatia und ggf. Nux vomica. Aconitum ist das homöopathische Angstmittel (Angst, Schreck, Schock und Todesangst), Ignatia wird in Kummer-, Trauer- und Verlustsituationen verordnet, stehen aber Ärger bzw. Stress im Vordergrund denkt man an Nux vomica.

Die Potenzwahl richtet sich nach der Schwere der Situation.

Das jeweils passende Mittel gebe ich vor einer konstitutionellen Behandlung, denn das konstitutionelle Mittel wird nicht wirken, wenn eine derartige traumatische Situation darüberliegt. Sie muss zunächst gelöst werden – erst dann kann die ‚normale‘ Behandlung erfolgen bzw. hat auch erst dann die Chance zu wirken und die Verfassung des Tieres zu verändern.

Ich habe auch schon die Erfahrung gemacht, dass nach der Gabe von Aconitum oder Ignatia eine weitergehende Behandlung nicht mehr nötig war.

Es gibt natürlich auch andere Möglichkeiten derartige Zustände zu behandeln, wie z.B. mit Cannabisöl (CBD Öl), der Notfallmischung der Bachblüten, Rescura, oder auch ätherischen Ölen. Auch Therapieansätze wie Tellington Touch können Besserung bringen.

Bei der eingangs erwähnten rumänischen Hündin haben die homöopathischen Mittel nur leichte Veränderungen gebracht, mit CBD entspannte sich die Situation allerdings schnell.

Die österreichische Firma Herosan stellt ein CBD Öl her, das mit Trypotphan versetzt ist – Tryptophan ist die Vorstufe von Serotonin, dem Glückshormon, und wirkt gerade bei Straßenhunden ganz wunderbar.

Lexie, die Angsthündin aus Rumänien, läuft mit ihren Haltern ziemlich oft an meinen Fenstern vorbei – ganz entspannt! Es ist nichts mehr davon zu sehen, wie extrem ängstlich sie ihre Zeit hier in Deutschland begonnen hat.

Aber gerade durch in der Zeit der Pandemie haben sich mehr Menschen für Haustiere entschieden, die ohne diese Situation eher nicht auf den Hund gekommen wären. Dadurch sind Hunde zu uns gekommen, die sonst vermutlich nicht den Weg zu uns gefunden hätten. Mir ist ein Vorfall in Erinnerung geblieben, der dies zeigt: Besagter Hund war schon im Shelter durch Beißvorfälle auffällig. Hier bei uns angekommen und abgeholt, war die Situation in den ersten Stunden entspannt. Abends allerdings in heimischer Atmosphäre hat dieser Hund eine Unaufmerksamkeit seiner neuen Besitzerin genutzt, sie anzugreifen und schwer zu verletzen. 

Vielleicht hätte eine entsprechende Vorbereitung mit oben genannten Möglichkeiten eine solche Situation gar nicht erst entstehen lassen…

So schlimm kommt es Gott sei Dank in der Regel nur ganz selten – aber ich hoffe sehr, dass die traumatischen Belastungen dieser Tiere immer zuerst behandelt werden, so dass sie wirklich eine gute Chance auf ein Forever Home in Gesundheit und auf ein harmonisches Zusammenleben mit ihren Haltern haben.

 

 

 

 

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